Nach unserem Sonntagnachmittag im Spiga, an dem Kay sein DJ-Können unter Beweis stellte, machten wir uns gegen Abend auf den Weg zu einer weiteren indischen Hochzeit. Diesmal stand Kollege Srivatsan vor dem Altar, um seine Frau Mythraeyi zu ehelichen.
Neben Daniel nahm noch dessen deutscher Teamleiter Frank und seine Freundin Veronique teil, die gerade Urlaub in Indien machten.
Da es sich um eine Heirat innerhalb der Brahmanen- bzw. Priester-Kaste handelte, erwartete uns eine sehr traditionelle Zeremonie. Diese wurde in einem Nebenraum des ISKCON-Tempels in Bangalore abgehalten.
Es begann mit der so genannten Reception, also dem Empfang der Gäste und deren Geschenke.
Die Braut präsentierte sich in einem lila-blau-türkisfarbenem Sari, der Bräutigam im klassischen anthrazitfarbenen
Hochzeitsanzug.
Hauptsächlich standen an dem Tag Gruppenfotos auf dem Programm, die auf der Bühne des Raumes geknipst wurden, bis auch jeder der ca. 600 Gäste zusammen mit dem Brautpaar abgelichtet war. Die anwesenden Damen trugen farbenprächtige Saris und die Herren dem Anlass entsprechend eines ihrer besseren Hemden kombiniert mit Stoffhose oder Jeans und Sandalen. Begleitet wurde das ganze vom traditionellen
Geflöte und Getrommel einer Live-Band.
Vom üppigen Buffet gab es allerlei vegetarische Köstlichkeiten (u.a. Salat, Suppe, Eiscreme, Süßigkeiten und Pan).
Am nächsten Morgen war Muhurtham, also der astrologisch berechnete, günstigste Zeitpunkt für die eigentliche Eheschließung durch die anwesenden Priester. Eine Reihe von Prozeduren sollte folgen, die offensichtlich ganz im Zeichen überlieferter Traditionen standen. Dabei waren die Männer nun mit nacktem Oberkörper unterwegs und nur mit Dhotis bekleidet, den traditionellen indischen Beinkleidern bestehend nur aus jeweils einem einzigen geschickt gewickelten Tuch. Dazu trug der Bräutigam noch eine Blumengirlande um den Hals.
Das Prozedere begann damit, dass der Bräutigam mit einem Jungen zusammen ein Frühstuck von einem Bananenblatt einnahm. Symbolisch gibt damit der Bräutigam seinen Junggesellenstatus ab und reicht ihn an den Jungen weiter, der dadurch vom Kindesalter ins Jugendlichenalter wechselt.
Anschließend ließ sich die Braut kurz sehen und fotografieren. Worauf der Bräutigam symbolisch den Schirm nahm und vor das Gebäude eilte, quasi aus Panik vor der bevorstehenden Hochzeit. Draußen musste dann der Vater der Braut den Bräutigam überzeugen, dass seine Tochter doch eine gute Partie wäre.
Das Zerwürfnis wurde anschließend auch schauspielerisch dargestellt beim so genannten Jai Mala. Die Brautleute, jeweils auf den Schultern von Freunden getragen, versuchten sich gegenseitig ‚anzugreifen‘ und dabei bunt geflochtene Blumengirlanden (Mala) um den Hals zu werfen, während der jeweils andere versuchte, das zu verhindern, indem er sich weit zurück lehnte.
Schließlich wurde man sich doch einig und schritt zur Hochzeitsschaukel (Oonchal), auf der man sich kurz niederließ um hin und her zu schwingen. Die Ketten der Schaukel symbolisieren dabei die Einheit mit dem Allmächtigen und das Hin- und Herschaukeln die Wogen des Lebens, die beide meistern sollen. Doch schon kurz darauf hieß es wieder aufstehen um von den
anwesenden reiferen Damen die Füße mit Milch gewaschen (Vara Puja) und ein paar Schüsseln in kreisenden Bewegungen vorgehalten zu bekommen (Aarti). Das ganze begleitet von deren einlullendem Gesang (Laali).
Anschließend nahmen die beiden nebeneinander unterm Baldachin auf der Bühne an einer Feuerstelle Platz, auf der nun allerlei Zweige und Kräuter verbrannt wurden.
Die Braut setzte sich schließlich auf den Schoß ihres Vaters, um als Geschenk dem Bräutigam angeboten zu werden (Kanya Dhaanam).
Dieser band schließlich goldene Fäden (Mangala Sutra) um ihren Hals, während dessen die Trommeln der Band laut ertönten und Reis geworfen wurde.
Anschließend saß man noch händchenhaltend (Paani Grahanam) an der Feuerstelle, bevor
man sieben Schritte gemeinsam um sie herum lief (Saptha padhi), um für sieben Leben lang vereint zu bleiben. Von dort an waren sie nun wirklich, auch im rechtlichen Sinne, verheiratet.
Wieder am Feuer sitzend wurde dieses nun richtig angefacht, in dem man u.a. die Zweige von neun verschiedenen Bäumen verbrannte (Pradhaana Homam).
Damit huldigte man dem Feuergott Agni und erzeugte eine Menge Qualm, der auf das Brautpaar einen heilenden und reinigenden Einfluss haben sollte.
Die ganze Zeremonie ging bis zum
Mittagessen, das auf einem Bananenblatt serviert wurde wirklich schmackhaft und
auch üppig war.